Hallo liebe*r Leser*in,
heute würden wir Ihnen gerne unsere Schimpansen vorstellen und darstellen wie ein gewöhnlicher Tag für unsere Verwandten aussieht. Hierfür würden wir Sie gerne zu einem Gedankenexperiment einladen. Stellen Sie sich vor, Sie gehen heute Nacht ins Bett und wachen als ein Schimpanse unserer Rekambo-Gruppe auf.
Wie würde Ihr Tag aussehen? Was würden Sie essen? Wo würden Sie schlafen? Lassen Sie uns diesen Fragen gemeinsam auf den Grund gehen!
Schimpansen sind auf jeden Fall Frühaufsteher und starten mit der Sonne in den Tag. Durch die Nähe zum Äquator ist das über das Jahr gesehen relativ konstant. Konkret bedeutet das: Der Tag beginnt um circa 6:30.
Was ist das erste was wir morgens brauchen? Essen natürlich! Nichts geht über ein nahrhaftes Frühstück. Aufgrund dessen errichten Schimpansen häufig ihre Nester in der Nähe von Bäumen, die Früchte tragen, die sie gerne essen. Es ist nicht übertrieben, wenn wir sagen, dass der Tag eines Schimpansen sich stark ums Essen dreht. Hier bei uns in Loango steht den Schimpansen dafür eine Auswahl von 150 verschiedenen Spezies zur Verfügung. Um etwas genauer zu sein: In Abhängigkeit zur Jahreszeit besteht die Ernährung von Schimpansen hauptsächlich aus Früchten, aber auch Blättern, Samen, Kernen, Blumen, Insekten und hin und wieder auch etwas Fleisch von Schildkröten, Duckern und sogar Affen. Dazu kommt auch noch, dass Schimpansen einige innovative Techniken entwickelt haben um an sonst schwer erreichbare Nahrungsquellen zu gelangen, zum Beispiel Honig aus unterirdischen Bienennestern (Estienne und Kollegen, 2017a, 2017b, 2019; Moscovice und Kollegen, 2007).
Des Weiteren haben Schimpansen ein Repertoire an beeindruckenden Fähigkeiten, die Ihnen die Nahrungssuche erleichtern. Dazu gehört das Klassifizieren von Bäumen die Nahrung für sie tragen, die Merkfähigkeit bezüglich Menge und Saisonalität über das Jahr hinweg und das Planen der effektiven Nutzung dieser Nahrungsquellen ohne große Umwege (Janmaat und Kollegen, 2013, 2014, 2016).
Schimpansen verbringen knapp ein drittel ihres Tages mit Essen und Nahrungssuche. Damit ist das neben Schlaf die Aktivität, der sie am meisten Zeit widmen. Neben dem Essen ist aber auch die Pflege ein wichtiger Tagesbestandteil. Außer den offensichtlichen Vorteilen die es mit sich bringt (Entfernung von Schmutz und Parasiten), hilft es aber auch dabei soziale Bindung innerhalb der Gruppe aufzubauen oder zu erhalten.
Super! Wir haben den halben Tag bereits hinter uns. Nun haben wir uns aber auch ein wenig Ruhe verdient. Schimpansen nutzen den Tag gerne zum Schlafen oder Ausruhen, zusätzlich zum nächtlichen Schlaf. Da gibt es nur eine Ausnahme... junge Schimpansen (so ungefähr im Kleinkindalter). Denen ist das Wort Ruhe noch fremd, ganz im Gegensatz zu ihren noch etwas jüngeren Mitstreitern, die fast den ganzen Tag schlafen. A pro pos schlafen: An den meisten Tagen, bevor es ans bauen der Nester geht, gibt es natürlich nochmal eine kleine Mahlzeit. Manchmal verbunden mit ein wenig Suche, wenn nicht gerade etwas in der Nähe zu finden ist. Nach dieser letzten Mahlzeit geht es ans Finden eines geeigneten Nistplatzes und an das Errichten des Nests. Das machen sie jeden Abend und zudem immer an einem anderen Ort!
Was wir bisher beschrieben haben ist soweit erstmal ein normaler Tag. Jedoch gibt es Tage, an denen eine Gruppe, aus hauptsächlich männlichen Schimpansen bestehend, zusammen auf Patrouille geht. Das kann manchmal dazu führen, das sie mit einer anderen Gruppe Schimpansen zusammenstoßen - entweder verbal oder visuell. Die Rundgänge finden in der Regel im Randgebiet des eigenen Territoriums statt und haben das Ziel Anzeichen für andere Schimpansengruppen ausfindig zu machen. Dazu werden zum Beispiel Futterreste untersucht oder an Blättern oder sichtbaren Laufwegen gerochen.
Jedoch ist hierbei große Vorsicht nötig, weil die Aufklärungsmission sonst scheitert und man eventuell in Unterzahl gerät. Das kann sogar soweit gehen, dass die Eindringlinge getötet werden (Wilson und Kollegen, 2014). Bei uns in Loango variiert die Häufigkeit in der auf Patrouille gegangen wird über das Jahr hinweg. Je nach Forschungsstätte sieht das aber noch mal anders aus.
(*Das Geräusch von einem Fingerschnipsen ertönt*) Sie sitzen wieder vor Ihrem Bildschirm! Wie hat Ihnen der Tag als Schimpanse gefallen? Interessant, oder?
Das ist jedoch fürs erste alles was wir berichten können. Aber halten Sie die Augen offen für neue Artikel, die bald veröffentlicht werden.
Mit lieben Grüßen,
Das Ozouga-Blogging-Team
Quellen:
Erkenntnisse aus unserer eigenen Forschungsarbeit mit den Schimpansen der Rekambo-Gruppe
Pruetz, Jill & Mcgrew, William. (2001). What does a chimpanzee need? Using natural behaviour to guide the care of captive populations.
Moscovice, L. R., Issa, M. H., Petrzelkova, K. J., Keuler, N. S., Snowdon, C. T., & Huffman, M. A. (2007). Fruit availability, chimpanzee diet, and grouping patterns on Rubondo Island, Tanzania. American journal of primatology, 69(5), 487–502. https://doi.org/10.1002/ajp.20350
Estienne, V, Stephens, C, Boesch, C. Extraction of honey from underground bee nests by central African chimpanzees (Pan troglodytes troglodytes) in Loango National Park, Gabon: Techniques and individual differences. Am J Primatol. 2017a; 79:e22672. https://doi.org/10.1002/ajp.22672
Estienne, V., Mundry, R., Kühl, H.S. and Boesch, C. (2017b), Exploitation of underground bee nests by three sympatric consumers in Loango National Park, Gabon. Biotropica, 49: 101-109. https://doi.org/10.1111/btp.12354
Janmaat, K.R.L., Ban, S.D. & Boesch, C. Taï chimpanzees use botanical skills to discover fruit: what we can learn from their mistakes. Anim Cogn 16, 851–860 (2013). https://doi.org/10.1007/s10071-013-0617-z
Janmaat, K., Polansky, L., Ban, S., & Boesch, C. (2014). Wild chimpanzees plan their breakfast time, type, and location. Proceedings of the National Academy of Sciences, 111, 16343 - 16348.
Janmaat, K.R., Boesch, C., Byrne, R., Chapman, C.A., Goné Bi, Z.B., Head, J.S., Robbins, M.M., Wrangham, R.W. and Polansky, L. (2016), Spatio-temporal complexity of chimpanzee food: How cognitive adaptations can counteract the ephemeral nature of ripe fruit. Am. J. Primatol., 78: 626-645. https://doi.org/10.1002/ajp.22527
Wilson, M. L., Boesch, C., Fruth, B., Furuichi, T., Gilby, I. C., Hashimoto, C., Hobaiter, C. L., Hohmann, G., Itoh, N., Koops, K., Lloyd, J. N., Matsuzawa, T., Mitani, J. C., Mjungu, D. C., Morgan, D., Muller, M. N., Mundry, R., Nakamura, M., Pruetz, J., Pusey, A. E., … Wrangham, R. W. (2014). Lethal aggression in Pan is better explained by adaptive strategies than human impacts. Nature, 513(7518), 414–417. https://doi.org/10.1038/nature13727